Schutz der Meinungsfreiheit auf Online-Plattformen

25.09.2025

Schutz der Meinungsfreiheit auf Online-Plattformen

Header für das Thema Digitalrecht. Zu sehen ist der Autor Dr. Lennard Lehmann vor einem blauen Himmel mit weißen Wolken.

von Dr. Lennard Lehmann, LL.M. oec.

Trump, Musk, TikTok und Co.

Die Meinungsfreiheit wird zunehmend zum Spielball politischer Machtkämpfe. Insbesondere die aktuelle Regierung des US-Präsidenten Donald Trump zielt immer wieder darauf ab, bestimmte Meinungen zu relativieren, zu radikalisieren und schließlich auch zu verbieten. Auch großen Tech-Unternehmen wie das von Elon Musk geführte X oder der Video-Plattform TikTok wird zunehmend vorgeworfen, die Meinungsäußerungsfreiheit ihrer Nutzer direkt oder indirekt zu beschränken. Zudem wird auch der Meinungsaustausch selbst auf den Online-Plattformen vermehrt härter und radikaler geführt, da insbesondere die technische Infrastruktur der Online-Plattformen, namentlich die Algorithmen, die für die Beitragsauswahl und deren Rangfolge verantwortlich sind, polarisierende Beiträge über sachliche bevorzugen. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Meinungsfreiheit von anderen Nutzern aus, sodass die Meinungsfreiheit von verschiedenen Seiten unter Druck steht.

Ambivalente Online-Plattformen

Online-Plattformen sind sowohl für die Individualkommunikation als auch für die öffentliche Meinungsbildung zu zentralen Medien geworden, die herkömmliche lineare Medien abgelöst haben. Sie ermöglichen die weltweite Kommunikation und das Verbreiten von Informationen in Echtzeit. Gleichzeitig setzen Online-Plattformen für die Veröffentlichung von Beiträgen sowohl technische als auch rechtliche Grenzen, indem sie beispielsweise nur bestimmte Beitragstypen zulassen oder interne Verhaltensregeln, sog. Community-Standards, aufstellen, die gewisse Inhalte von vornherein als unzulässig qualifizieren. Das Verhältnis von Online-Plattformen zur Meinungsfreiheit ist damit ambivalent – einerseits ermöglichen sie erst die inzwischen alltägliche Massenkommunikation, gleichzeitig beschränken sie diese geschaffene Freiheit wieder. Die eingangs aufgezeigten Herausforderungen erfordern eine rechtliche Bewertung und Reaktion unter Berücksichtigung der Rolle und Machtposition (Stichwort: Gatekeeper) von Online-Plattformen.

Schutzauftrag des Staates

Wie kann die Meinungsfreiheit auf Online-Plattformen geschützt werden? Für die Beantwortung bedarf es einer grundrechtsdogmatischen Herangehensweise. Denn die Grundrechte verpflichten in erster und unmittelbarer Linie (nur) den Staat und seine drei Gewalten. Um die Grundrechte und speziell die Meinungsfreiheit zwischen den Privatrechtssubjekten Nutzer und Anbieter von Online-Plattformen fruchtbar zu machen, kann zum einen auf die Rechtsfigur der mittelbaren Drittwirkung zurückgegriffen werden. Zum anderen erscheint gerade unter Berücksichtigung des starken Machtgefälles zwischen den Online-Plattformen und ihren Nutzern und mit Blick auf die Entwicklung der jüngeren Rechtsprechung des BVerfG eine nähere Beleuchtung von Mechanismen angezeigt, die die Grundrechte unmittelbar zur Geltung bringen würden – Stichwort: Unmittelbare Dritt- bzw. Horizontalwirkung. Schließlich ließe sich den Herausforderungen durch eine Regulierung begegnen, wobei insbesondere die unionsrechtliche Dimension eine starke Rolle spielt. Getreu dem Motto: „Aus großer Macht folgt große Verantwortung“, erscheint es naheliegend, meinungsstarken Privatrechtsakteuren mehr Verantwortung zuzuschreiben. Die Ansätze haben jeweils ihre Stärken und Schwächen, wobei insbesondere die Horizontalwirkung der Grundrechte aus der Sicht der nationalen Grundrechtsdogmatik eine radikale Neubewertung darstellen würde.

Dr. Lennard Lehmann , LL.M. oec. ist Rechtsreferendar am Landgericht Leipzig. Die angesprochenen rechtlichen Herausforderungen und Lösungsansätze werden in seiner Dissertation „Schutz der Meinungsfreiheit auf Online-Plattformen“ näher beleuchtet. Sein Werk erscheint in Kürze im Nomos Verlag in der Reihe „Recht und Digitalisierung | Digitization and the Law“.