Datenzugangs- und portabilitätsrechte

22.07.2025

Datenzugangs- und portabilitätsrechte

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von Dr. Yannic Duller

Vom Dateneigentum zur Datenzugangsordnung

Vor einigen Jahren wurde in der rechtspolitischen Diskussion die Einführung eines umfassenden Dateneigentumsrechts als möglicher Ausweg aus der strukturellen Ungleichverteilung von Daten in der digitalen Wirtschaft diskutiert. Heute gilt diese Idee weitgehend als überholt. Der Grund: Daten sind nicht-rivale Güter, deren gesamtwirtschaftlicher Nutzen durch mehrfache Nutzung gesteigert wird. Ein exklusives Herrschaftsrecht würde innovationshemmend wirken und Monopolisierungstendenzen verstärken. Stattdessen verfolgt der europäische Gesetzgeber einen anderen Ansatz: Er führt kontextbezogene Rechte auf Datenzugang und -portabilität ein. Diese sollen nicht ausschließliche Kontrolle gewähren, sondern Teilhabe an bestehenden Daten ermöglichen.

Zersplitterte Rechte, fehlende Systematik

Statt eines einheitlichen Eigentumstitels wurde eine Vielzahl kontextbezogener Rechte geschaffen, die bestimmte Akteure unter bestimmten Voraussetzungen zum Datenzugang oder zur Datenübertragbarkeit berechtigen. Neben dem Datenschutzrecht (Art. 20 DSGVO) haben vor allem jüngere Rechtsakte wie der Digital Markets Act (DMA) und der Data Act zahlreiche solcher Rechte etabliert. Diese Instrumente reagieren gezielt auf unterschiedliche Formen von Marktversagen, adressieren aber sehr verschiedene Konstellationen und stammen aus unterschiedlichen General-Direktoraten innerhalb der Kommission. Entsprechend heterogen sind ihre rechtstechnischen Ausgestaltungen.

Dogmatische Einordnung als Voraussetzung effektiver Anwendung

Die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der bestehenden Datenrechte machen eine systematische Einordnung erforderlich. Eine funktionale Kategorisierung ermöglicht es, gemeinsame Begriffe zu etablieren, übergreifende Auslegungsfragen zu beantworten und das Zusammenspiel der Instrumente zu bewerten. Ein Vorschlag ist, Datenrechte, basierend auf strukturellen Mustern, in drei Kategorien einzuteilen:

  • 1. Zugangsrechte zu co-generierten Daten werden Personen eingeräumt, die zur Entstehung der Daten beigetragen haben – etwa durch die Nutzung eines vernetzten Geräts. Ihnen soll der Zugang zu diesen Daten als Teilhabe an deren Nutzung ermöglicht werden.
  • 2. Zugangsrechte im öffentlichen Interesse werden Dritten eingeräumt, die selbst nicht an der Datenerzeugung beteiligt waren, etwa zur Förderung von Wettbewerb, Innovation oder Nachhaltigkeit. Diese Rechte sind regelmäßig an Bedingungen wie Entgeltpflicht oder Zweckbindung geknüpft.
  • 3. Portabilitätsrechte im engeren Sinne ermöglichen es, datenbezugsberechtigten Personen die Übermittlung ihrer Daten vom Datenhalter direkt an einen Dritten zu veranlassen. Dadurch soll die Nutzung von datenabhängigen, verbunden Diensten ermöglicht werden.

Beispiel: FRAND-Zugang im öffentlichen Interesse

Der Mehrwert dieser dogmatischen Einordnung zeigt sich z.B. an der Auslegung des FRAND Begriffs. Eine Reihe von Bestimmungen (siehe Art. 6 (11) DMA; Art. 8 Data Act) sehen vor, dass Daten auf „fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen“ (FRAND) bereitgestellt werden müssen. Dabei wirft insbesondere das Verhältnis zwischen fair und reasonable Auslegungsfragen auf. Eine Zusammenschau der Regelungen des DMA und Data Acts legt nahe: Reasonable bezieht sich auf die Angemessenheit des Entgelts, während fair als Verweis auf einen Unfairness-Test verstanden werden sollte, der die übrigen Vertragsbedingungen betrifft – etwa Zugangsmethoden, technische Vorgaben oder Einschränkungen der Nutzung. Die „Fairness“-Anforderung stellt damit sicher, dass auch nicht-preisliche Konditionen einem inhaltlichen Angemessenheitsmaßstab unterliegen. Solche begrifflichen Klärungen verdeutlichen den Mehrwert einer dogmatisch fundierten Systematik, um das europäische Datenzugangsrecht verständlich, handhabbar und auslegungsfähig zu machen.

Dr. Yannic Duller hat an der Universität Wien promoviert und arbeitet derzeit bei der UNESCO in der Unit „Ethics of Artificial Intelligence“. Seine englischsprachige Dissertation „Data Access and Portability“ erscheint in Kürze in der Schriftenreihe „Recht und Digitalisierung“ im Nomos Verlag.