Wehrhafte Kommunalpolitik? Mandatsträgerschutz im Alltag

09.10.2025

Wehrhafte Kommunalpolitik? Mandatsträgerschutz im Alltag

Zu sehen ist der Header zum Thema Kommunalrecht, auf welchem der Autor Luca Manns abgebildet ist

von Luca Manns, M.A., LL.M

Neben digitaler Hetze sind Amts- und Mandatsträger immer wieder auch physischen Anfeindungen oder Nachstellungen ausgesetzt, besonders auf der kommunalen Ebene. Dabei stellen derartige Aktionen nicht allein eine individuelle Belastung dar, sondern berühren zugleich die Funktionsfähigkeit der demokratischen Mitbestimmung: Wer Angriffe befürchten muss, tritt leiser auf, verzichtet auf Kandidaturen oder bricht Engagements ab. Zwar hält der Rechtsrahmen durchaus Schutzinstrumente bereit – ihre Wirksamkeit entscheidet sich aber an wenigen praxisrelevanten Stellschrauben, die mitunter noch nicht optimal justiert sind.

Polizeiliche Leistungsgrenzen

Als wirksamstes Instrument gegen akute Einschüchterung und Bedrohung mag vielen der polizeiliche Personenschutz zuerst vor Augen schweben, wenn sie über die Abwehr von Bedrohungen nachdenken. Seine Anordnung bleibt jedoch insbesondere auf kommunaler Ebene häufig Wunschdenken und wäre mit Blick auf den dafür notwendigen Kräfteeinsatz von vornherein nicht flächendeckend zu leisten. Punktuelle Maßnahmen wie verstärkte Bestreifungen oder sichtbare Polizeipräsenz an Wahlständen werden häufiger veranlasst, gehen jedoch nur mit einer vergleichsweise geringen Schutzwirkung einher. Als elementar erweist sich daher eine vorausschauende Prävention. Sie beginnt bei der Eigensicherungsberatung, umfasst die Sensibilisierung für digitale Angriffsflächen und endet bei einem zurückhaltenden Umgang mit Kontakt- bzw. Adressdaten.

Melderechtliche Achillesferse

Insbesondere hier ist die Rechtslage allerdings weiterhin defizitär. Über das Instrument der „einfachen“ Melderegisterauskunft kann jedermann ohne besonderes Interesse Wohnanschriften erfragen. Für legitime Anliegen mag dies zweckmäßig sein, in Bedrohungslagen ist es eine sicherheitsrelevante Schwachstelle. Die in solchen Fällen Abhilfe versprechende Auskunftssperre scheitert häufig an den sehr hohen Darlegungserfordernissen. Um Amts- und Mandatsträger besser schützen zu können, bedarf es (nochmaliger) gesetzgeberischer Aktivitäten.
 
So sollten nicht nur die Hürden für Auskunftssperren abgesenkt, sondern auch die Möglichkeiten geschaffen werden, vorläufige Sperren mit sofortiger Wirkung bei substantiierten Bedrohungshinweisen eintragen zu lassen. Ferner sollte die Regeldauer an Amts- und Mandatszeiten anknüpfen und um eine realistische Nachwirkungsfrist ergänzt werden, enden Bedrohungslagen doch selten mit dem letzten Sitzungstag. Besonders problematisch ist schließlich die Benachrichtigungslücke: Von einfachen Melderegisterauskünften erfahren Betroffene regelmäßig nichts, Auskunftsrechte greifen nur reaktiv. Effektiver Selbstschutz verlangt indes eine behördliche Mitteilungspflicht über eingehende Abfragen mit eng zu interpretierenden Ausnahmen.

„Bewaffnete Selbsthilfe“ als Irrweg

Vereinzelt wird als Reaktion auf Hass und Gewalt der Ruf nach privater Feuerkraft laut. Die Hürden für den Schusswaffenbesitz in Deutschland fallen allerdings hoch aus. Ein waffenrechtlich anerkanntes Bedürfnis verlangt eine gegenüber der Allgemeinheit deutlich erhöhte Gefahr. Hierunter fällt nach dem Willen des Gesetzgebers nicht, wer „nur“ aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Gruppe (wie jener der Kommunalpolitiker) abstrakt bedrohter als andere sein mag. Selbst wenn eine solche Gefährdung belegt werden kann, fehlt es nach der strengen Judikatur an der kumulativ vorauszusetzenden Eignung und Erforderlichkeit der Schusswaffe zur Risikoreduktion. Begründet wird dies damit, dass Angriffe auf Amts- und Mandatsträger regelmäßig plötzlich und unerwartet, häufig gar aus dem Hinterhalt erfolgen, sodass eine erfolgreiche Abwehr selbst ausgebildeten Personenschützern schwer falle und für politisch Tätige mangels dauerhafter Verteidigungsbereitschaft praktisch unmöglich sei.

Kleine Schritte für verbesserten Schutz

Dies macht deutlich: Ein verbesserter Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträger darf nicht auf symbolischen Verschärfungen beispielsweise des Strafrechts gründen, dessen letzte Anpassung nicht dazu beigetragen hat, den kontinuierlichen Bedrohungsanstieg aufzuhalten. Entscheidend ist vielmehr, bekannte Schwachstellen – namentlich im Melderecht – zu schließen und vorhandene Instrumente so auszugestalten, dass sie schnell, einheitlich und mit spürbarer Wirkung greifen. Nur so lässt sich das kommunale Ehren- und Hauptamt besser gegen Einschüchterung und Bedrohung wappnen.

 

 

Luca Manns, M.A., LL.M, Geschäftsführer der Forschungsstelle Nachrichtendienste, Universität zu Köln. Der ausführliche Beitrag des Autors zu diesem Preview erscheint in Ausgabe NordÖR 10/2025.