TikTok und BeReal – das Standardwerk zu Social Media

07.11.2025

NomosHandbuch Social Media – das Standardwerk in 5. Auflage

Buch "Social Media" ist links abgebildet. Recht ist das Portrait von dem Herausgeber Herr Prof. Dr. Stumpp

Interview mit dem Herausgeber Professor Dr. Stefan Stumpp

Facebook, Instagram, TikTok, BeReal … und was kommt als Nächstes? Die unaufhörliche Entwicklung der sozialen Medien wird in der Neuerscheinung Social Media untersucht und grundlegende Zusammenhänge werden erklärt. Das Handbuch – herausgegeben von von Prof. Dr. Stefan Stumpp, Prof. Dr. Daniel Michelis und Prof. Dr. Dr. Thomas Schildhauer – fasst Theorien und Methoden zusammen und greift gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Entwicklungen anhand von Fallbeispielen auf. Herr Professor Stefan Stumpp gibt Einblicke ins Werk:

Inzwischen betreiben einzelne politische Akteure eigene Plattformen – wie etwa „Truth Social“ – und bestimmte politische Strömungen sind auf Social Media besonders präsent oder werden gezielt algorithmisch hervorgehoben. Wie geht das Handbuch mit dieser zunehmend politischen Dimension sozialer Plattformen um?

„Sozialen Medien stehen im Spannungsfeld zwischen technologischen Möglichkeiten und gesellschaftlicher Verantwortung. Algorithmen spielen hierbei eine zentrale Rolle und werden daher ausführlich im Handbuch behandelt: Wir betrachten beispielsweise, wie Algorithmen für gezielte Desinformation und propagandistische Zwecke eingesetzt werden. Das systematische Vorgehen zur gezielten Manipulation der öffentlichen Wahrnehmung durch das Vortäuschen von Relevanz und Glaubwürdigkeit in Sozialen Medien anhand der koordinierten Distribution problematischer Inhalte lässt sich zur Begrifflichkeit ‚Informationskrieg‘ zuordnen. Dabei geht es nicht nur um Falschinformationen oder Propaganda, sondern um die systematische Destabilisierung von Diskursen, Vertrauen und Entscheidungsfähigkeit. Dieser Themenkomplex wird etwa im Kapitel ‚Dark Social‘ betrachtet. Das Kapitel ‚Algorithmen als Entscheidungsinstanz in Sozialen Medien‘ schafft hingegen ein grundlegendes Verständnis für die Funktionsweise von Algorithmen.

Die Anfänge der sozialen Medien waren für uns mit Hoffnungen auf mehr Demokratie, Partizipation und Gemeinschaft verbunden. Diese Hoffnungen sind heute leider von Polarisierung, Desinformation und kommerzieller Ausrichtung überlagert. Inhalte in Sozialen Medien werden zunehmend nicht mehr von Menschen für Menschen gemacht, sondern automatisiert generiert. Was geteilt wird, entfremdet sich immer mehr von sozialer Kommunikation. Trotz dieser teils unheilvollen Entwicklung bleibt die Reflexion über Social Media wichtiger denn je – gerade auch im Hinblick auf Bildungsangebote und Demokratie. Unser Anliegen ist es, mit diesem Buch nicht mehr nur eine Anleitung für die Nutzung und das Verstehen Sozialer Medien zu bieten, sondern auch aktuelle Entwicklungen kritisch einzuordnen und zu hinterfragen.“

Im Klappentext des Bandes wird angeteasert, dass ein besonderes Augenmerk auf die Bedeutung von KI gelegt wird – können Sie ein Beispiel der Behandlung von KI und Social Media im Handbuch geben?

„Auch Künstliche Intelligenz (KI) spielt sowohl für die Sozialen Medien als auch in unserem Handbuch eine zentrale Rolle. Im Kapitel Fünf ‚Soziale Medien und Generative Künstliche Intelligenz‘ betrachten wir beispielsweise, wie KI für Content-Erstellung, -Verwaltung und -Verbreitung Anwendung findet. Es wird erläutert, wie Unternehmen mit KI-gestützten Werkzeugen menschliche Kreativität erweitern, die Personalisierung von Inhalten verbessern und Arbeitsabläufe für Unternehmen effizienter gestalten können, was zu erheblichen Effizienzsteigerungen führen kann. Neben den Chancen beleuchtet das Kapitel aber auch die Herausforderungen und Risiken der Technologie. KI kann die Verbreitung von Fehlinformationen und Deepfakes begünstigen und bringt ethische Herausforderungen in Bezug auf die Aufmerksamkeitsökonomie und Datenschutz mit sich.“

„New Work“ beschreibt – sehr vereinfacht – ein Wandel in der Arbeitswelt. Inwiefern spielt Social Media dabei eine Rolle?

 „Die Idee von New Work ist eigentlich nicht neu, erlebte aber durch die technologischen Möglichkeiten der Sozialen Medien und durch die coronabedingte pandemische Situation so etwas wie eine Renaissance. Durch soziale Technologien schaffen wir im Prinzip eine Voraussetzung für eine orts- und zeitunabhängige, ko-kreative Zusammenarbeit in Teams. Digitale Tools werden dabei verschieden verwendet: Trello wird neben seiner Projektmanagementfunktion beispielsweise primär als Navigationsinstrument für Inhalte verwendet: Der Trello Projekt-Canvas wird so zur Projektlandkarte. Miro – als ‚unendliches Whiteboard‘ – kann das ganze Projekt auf einen Blick sichtbar machen. Digitale Plattformen unterstützen dabei die Kollaboration in allen Settings: in Präsenz, remote oder hybrid. Die Verwendung der richtigen Tools, entsprechend den Anforderungen der Aufgaben, sowie deren einfache Bedienbarkeit, sind dafür essentielle Faktoren. Wir diskutieren den Zusammenhang von New Work und Sozialen Medien sehr ausführlich und eingebettet in einem Rahmen von Menschen, Räumen, Regeln und Technologien im Kapitel ‚New Work und Soziale Medien‘.“

Themen wie digitale Verantwortung und Nachhaltigkeit gewinnen auch im Kontext von Social Media an Bedeutung. Welche Perspektiven eröffnet das Handbuch hierzu, insbesondere im Hinblick auf die Rolle von Unternehmen und der Plattformbetreiber selbst?

 „Beide Themen adressieren wir gesondert in einem Kapitel. Unternehmen nutzen Plattformen wie Instagram, TikTok und LinkedIn nicht nur für Kommunikation und Marketing, sondern tragen als Teil der digitalen Gesellschaft zunehmend Verantwortung für ihre Praktiken. Der Begriff „Corporate Digital Responsibility“ bezeichnet die Verantwortung von Unternehmen, ihre digitalen Aktivitäten so zu gestalten, dass sie den Erwartungen an Privatsphäre, Gerechtigkeit und ethisches Handeln entsprechen. Die Gestaltung sozialer Plattformen, die diesen Erwartungen gerecht werden, ist daher von hoher Relevanz. Das entsprechende Kapitel ‚Digitale Verantwortung von Unternehmen in Sozialen Medien‘ widmet sich zentralen Aspekten digitaler Verantwortung im Kontext sozialer Medien. Es beleuchtet Herausforderungen, die sich insbesondere durch Phänomene wie Dark Patterns und intransparente Algorithmen ergeben, und gibt praxisorientierte Handlungsempfehlungen, um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen.

Dem Thema Nachhaltigkeit widmen wir aufgrund seiner starken gesellschaftlichen Relevanz gleich einen ganzen Buchabschnitt mit insgesamt vier Kapiteln. Dabei beleuchten wir zum Beispiel, wie gemeinnützige Organisationen ihre Wirksamkeit mit Social Media steigern können, wie nachhaltiger Tourismus gefördert werden kann und welche Rolle Soziale Medien für mehr Umweltbewusstsein spielen können.

Inhaltlich sind wir, unter anderem dank dieser Themen, sehr viel breiter aufgestellt als noch in der vierten Auflage. Daher würde ich mich sehr darüber freuen, wenn wir mit unserem Handbuch eine breite Leserschaft adressieren und gleichzeitig für mehr Verständnis, Transparenz und Aufklärung sorgen können. An dieser Stelle möchte ich mich ebenso für die Interviewmöglichkeit sehr herzlich bei Ihnen bedanken!“

Mit Beiträgen von

Nico Behrens | Johanna Maria Boos | Andrea Braun | Sven Drews | Franziska Geue | Anna Hansch | Katharina Antonia Heder | Jessé Höhne | Ines Holstein | Lukas Horn | Jessica Huth | Monika Ilves | Lisa Kammholz | Jonas Kelch | Tobias Knopf | Josefine Koch | Theresa Maßdorf | Daniel Michelis | Lea Neumann | Doreén Pick | Anna Riedel | Hannah Leah Rödiger | Michael Sarbacher | Franziska Scharfe | Thomas Schildhauer | Marie Schneeweiß | Max Senges | Stefan Stumpp | Julia Weißhaupt | Norman Wiebach | Stephanie Winkler | Christian Wissing

Unser Anliegen ist es, mit diesem Buch nicht mehr nur eine Anleitung für die Nutzung und das Verstehen Sozialer Medien zu bieten, sondern auch aktuelle Entwicklungen kritisch einzuordnen und zu hinterfragen.

Prof. Dr. Stefan Stumpp