Versorgung kommunaler Wahlbeamter am Beispiel Baden-Württemberg: Risiken und Spielräume

Versorgung kommunaler Wahlbeamter am Beispiel Baden-Württemberg: Risiken und Spielräume

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von Joachim Städter

Einordnung und Bedeutung

Kommunale Wahlbeamtinnen und Wahlbeamte – insbesondere Bürgermeister, Beigeordnete und Landräte – tragen hohe politische Verantwortung und zusätzlich das Risiko, ggfs. nicht wiedergewählt zu werden. Die Zahl nicht wiedergewählter Wahlbeamter nimmt zu. Die Versorgung ist für viele persönliche Entscheidungen zentral. Fehler lassen sich später kaum korrigieren. Die Versorgung richtet sich nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz (LBeamtVG) und dem Landesbeamtengesetz (LBG); zuständig ist der Kommunale Versorgungsverband Baden-Württemberg.

Ruhestandstatbestände

Zentrale Frage: Tritt der Wahlbeamte mit Ablauf der Amtszeit in Ruhestand? Der Ablauf der Amtszeit ist ein weiterer Eintrittsgrund in den Ruhestand, der neben die allgemeinen Eintrittsgründe (Dienstunfähigkeit, vorgezogener Eintritt auf Antrag mit und ggfs. ohne Abschlag, ggfs. Erreichen einer Altersgrenze) tritt.
 
Wahlbeamte treten nach Ablauf der Amtszeit in den Ruhestand, wenn eine der Alternativen des § 37 LBG erfüllt ist: 18 Jahre ruhegehaltfähige Beamtendienstzeit und (stufenweise angehobenes) Lebensalter bis 2029 auf 47 Jahre oder 12 Jahre Gesamtdienstzeit als Beamter auf Zeit oder 6 Jahre Gesamtdienstzeit als Beamter auf Zeit und Vollendung des 60. Lebensjahres (für sonstige Zeitbeamte: 63).
 
Der Wahlbeamte muss sich grundsätzlich wieder zur Wahl stellen, wenn er dazu aufgefordert wird. Die Regelung findet sich in §§ 37 und 38 Landesbeamtengesetz BW. Ausnahme: Bei Ablauf der Amtszeit ist das 57. Lebensjahr vollendet oder eine Gesamtdienstzeit von 16 Jahren als Wahlbeamter geleistet.
 
Ein Wahlbeamter, der sich in einer weiteren Amtszeit befindet, kann sich nach dem VGH – statusrechtlich – bereits im Ruhestand befinden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.09.2004 – 4 S 1438/03). Auch wenn er sein Amt weiterführt. Es besteht ein nach § 68 Abs. 8 LBeamtVG ruhender Ruhegehaltsanspruch. Der Wahlbeamte kann sich in diesen Fällen also während einer Amtszeit entlassen lassen und erhält dennoch Ruhegehalt (aus dem ruhenden Anspruch).

Berechnung und Besonderheiten der Versorgung

Die Versorgung berechnet sich grundsätzlich wie bei Laufbahnbeamten: Die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge werden mit dem Ruhegehaltssatz multipliziert. Pro Jahr steigt der Satz um 1,79375 %, es wird taggenau gerechnet, höchstens liegt er bei 71,75 %.
 
Für Wahlbeamte enthält § 73 Abs. 2 LBeamtVG eine Sonderregelung (Amtszeitregelung): Liegt beim Eintritt in den Ruhestand eine ruhegehaltsfähige Dienstzeit von mindestens zehn Jahren vor, wird – nur aus vollen Amtsjahren – eine besondere Skala angewandt. Sie beginnt nach acht Amtsjahren mit 33,48 % und steigt pro weiteres Amtsjahr um 1,91333 %, bis ebenfalls höchstens 71,75 % erreicht sind. Ergibt sich daraus ein günstigeres Ergebnis als aus der normalen Berechnung, hat dies Vorrang.

Typische Fallstricke

Die Weiterführung nach Eintritt in den Ruhestand verdient besondere Beachtung. Die Frage, wie sich die weitere Amtszeit, aus der sich der Beamte auf eigenen Antrag entlassen lässt, auf die Höhe des Ruhegehalts (genauer: „auf den Ruhegehaltssatz“) auswirkt, kann überraschen. In diesen Fällen lebt der Ruhegehaltsanspruch aufgrund des Ruhestandseintritts bei Ablauf der vorherigen Amtszeit auf. Es entsteht kein neuer Anspruch auf Ruhegehalt. Daher erhöhen selbst volle Amtsjahre den Ruhegehaltssatz nach der sog. Amtszeitregelung nicht. Bei Berechnung nach allgemeinen Grundsätzen, gilt etwas Anderes: Die Zeit im Amt nach Eintritt in den Ruhestand (also nach Ablauf der vorherigen Amtszeit) erhöht nach § 21 Abs. 4 LBeamtVG BW den Ruhegehaltssatz als sogenannte „Nachdienstzeit“, weil mit der Entlassung ein „unversorgtes Ausscheiden“ vorliegt.
 
Es hängt vom individuellen beamtenrechtlichen Werdegang ab, ob sich ein Fortführen des Amts bei Entlassung vor Ablauf der Amtszeit erhöhend auswirkt. Lag bei Ablauf der vorherigen Amtszeit eine niedrigere Besoldungsgruppe vor, ist je nach Werdegang sogar ein Ruhestand mit Abschlag günstiger.

Handlungsempfehlungen für Praxis und Betroffene

Vor jeder Entscheidung über Wiederwahl, Wechsel oder Ruhestand sollten Wahlbeamte mit der Versorgungskasse (in BW dem KVBW) Kontakt aufnehmen und mehrere Szenarien durchrechnen (mit/ohne Wiederwahl, Dienstunfähigkeit, Ruhestand nach Ablauf der Amtszeit).

 

 

Joachim Städter leitet die Beamtenversorgung beim KVBW und war zuvor Fachanwalt für Arbeitsrecht und Sozialrecht. Er verbindet juristische Tiefe mit moderner Führung, Transformationserfahrung und strategischer Steuerung großer Verwaltungs- und Digitalisierungsprojekte.