Wer bestellt, der bezahlt auch?! Das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip

18.11.2025

Wer bestellt, der bezahlt auch?! Das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip

Zu sehen ist der Header zum Thema Kommunalrecht, auf welchem der Autor Tobias Schroeter abgebildet ist

von Tobias Schröter

Die Landesverfassungen der Flächenländer enthalten ein Konnexitätsprinzip. Das Konnexitätsprinzip soll sicherstellen, dass die Kommunen auf Kosten, die ihnen dadurch entstehen, dass das Land ihnen Aufgaben überträgt, nicht sitzenbleiben. Vereinfacht gesagt: „Wer bestellt, der bezahlt auch“.

Der Streit um’s Geld

Doch so einfach ist es (leider) nicht. Zwischen Kommunen und Ländern kommt es regelmäßig zu Streitigkeiten um Inhalt und Reichweite des Konnexitätsprinzips – schließlich geht es hier sehr schnell um sehr viel Geld für beide Seiten. Umstritten ist dabei nicht nur die Höhe des Mehrbelastungsausgleichs, den das Land seinen Kommunen für die Aufgabenerfüllung schuldet, sondern auch, ob das Konnexitätsprinzip überhaupt Anwendung findet. Was ist etwa, wenn die Kommunen eine Aufgabe seit Jahrzehnten bereits aufgrund eines älteren Landesgesetzes wahrnehmen, der Inhalt der Aufgabe sich aber nun durch ein neues Bundesgesetz verändert und die Umsetzung dieser Änderungen Mehrkosten verursacht?

Wann wird das Konnexitätsprinzip ausgelöst?

Auch wenn die einzelnen Regelungen in den Landesverfassungen im Wortlaut voneinander abweichen, lassen sich einheitliche Voraussetzungen anführen:
 
Zunächst geht es beim Konnexitätsprinzip immer um eine Aufgabenübertragung, also die Zuweisung einer Zuständigkeit für eine Aufgabe, des Landes auf seine Kommunen, etwa die Wahrnehmung des örtlichen Trägers der Kinder- und Jugendhilfe. Eine Aufgabenübertragung des Bundes auf die Kommunen ist seit der Föderalismusreform verfassungsrechtlich verboten. Eine Aufgabe meint eine oder mehrere Verwaltungsangelegenheiten, die die Kommune nach außen wahrnimmt (z. B. Jugendsozialarbeit).
 
Die Aufgabe, die das Land überträgt, muss nicht neu im Sinne von erstmalig sein. Anerkannt ist, dass auch die spätere Änderung oder Erweiterung einer Aufgabe (z. B. inhaltliche Vorgaben zur Jugendsozialarbeit) erfasst sind. Das ist konsequent, schließlich kann eine erweiterte Aufgabe erfordern, dass mehr Personal benötigt wird (z. B. mehr Jugendsozialarbeiter), wodurch der Kommune Mehrkosten entstehen, die sie nicht zu verantworten hat.

Aus der Praxis: Streitfall Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Ein noch immer aktueller Streitfall ist das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), mit dem der Bund die inhaltlichen Anforderungen in der Kinder- und Jugendhilfe verändert und erweitert hat. Das verursacht bei den Aufgabenträgern erhebliche Mehrkosten. Die Besonderheit dieser Konstellation liegt darin, dass die Kommunen seit Jahren örtliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe sind. Eine neue Aufgabenübertragung mussten die Länder nicht veranlassen.
 
Mit dem Argument, die damit verbundenen Mehrkosten gar nicht verursacht zu haben, machen sich die Länder einen „schlanken Fuß“ – zu Lasten ihrer Kommunen. Das Konnexitätsprinzip muss auch in solchen Sachverhalten anwendbar sein. Würde die „alte“ Aufgabenübertragung nicht den durch den Bund veränderten Inhalt der Aufgabe – wie ein Sammelgefäß – umfassen, müssten die Kommunen die Änderungen nicht umsetzen. Weil sie dazu aber durch das Land verpflichtet sind, ist das Land seinerseits verpflichtet, die Mehrkosten auszugleichen. Das Konnexitätsprinzip ist keine Einbahnstraße.

Der Kostenausgleich

Findet das Konnexitätsprinzip Anwendung, muss das Land die finanzielle Mehrbelastung ausgleichen, die den Kommunen durch die Erfüllung der zugewiesenen Aufgabe entsteht. Die Mehrbelastung wird durch einen Vergleich zwischen den Kosten vor und nach der Übertragung für die Kommune berechnet. Umfasst sind Sach-, Personal- und Verwaltungskosten. Liegt eine finanzielle Mehrbelastung vor, muss das Land eine Kostendeckungsregelung erlassen – und zwar gleichzeitig mit der Aufgabenübertragung. Die Kommunen müssen nicht in Vorleistung gehen und sich auch nicht um eine nachträgliche Erstattung bemühen.
 
Der Höhe nach erfolgt der Kostenausgleich nicht zwingend als Spitzabrechnung. Die Länder dürfen pauschalieren. Grundsätzlich müssen die Pauschalen aber so sein, dass jede Kommune einen vollständigen Kostenausgleich erreichen kann. Das Land muss hierfür eine nachvollziehbare und belastbare Prognose anstellen. Der Kostenausgleich zum Schutz der Kommunen ist dabei keine einmalige Sache. Vielmehr handelt es sich um eine fortlaufende Pflicht des Landes. Es muss die Kostenentwicklung daher beobachten und gegebenenfalls auch bei der Höhe des Kostenausgleichs nachbessern.

 

 

Tobias Schröter ist Rechtsanwalt bei Dombert Rechtsanwälte.
Er berät bundesweit Kommunen zu Fragen des Kommunal- und des öffentlichen Äußerungsrechts sowie zu Fragen der kommunalen Finanzen. Zudem referiert und publiziert er regelmäßig zu diesen Themen.