Respawn Gemeinnützigkeit? Der deutsche eSport zwischen olympischen Ambitionen und rechtlicher Grauzone

26.06.2025

Respawn Gemeinnützigkeit? Der deutsche eSport zwischen olympischen Ambitionen und rechtlicher Grauzone

Header, Portrait: Prof. Dr. Margrit Seckelmann; Dipl. Jur. Florian Mäder

Von Dipl. Jur. Florian Mäder und Prof. Dr. Margrit Seckelmann

„Respawn“ ist ein Ausdruck aus dem eSport. Ein Respawn kommt immer dann zum Einsatz, wenn es um eine Wiederbelebung einer schon für tot geglaubten Spielerfigur geht. Ähnlich könnte es jetzt der Frage der Gemeinnützigkeit im eSport gehen. Denn lange Zeit fristete der eSport in Deutschland ein rechtliches Schattendasein, irgendwo zwischen „Sportförderung“ und Computerspiel, zwischen Jugendschutz und Marktliberalismus. Doch das Jahr 2025 könnte einen Wendepunkt markieren: Der neue Koalitionsvertrag der Bundesregierung enthält eine klare Aussage zur Gemeinnützigkeit von eSport-Vereinen.
 
Ob diese Ankündigung jedoch tatsächlich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Bereits 2018 und 2021 gab es politische Initiativen mit vergleichbaren Versprechungen, doch letztlich wurde dem eSport, also dem wettkampfmäßigen Spielen von Video- bzw. Computerspielen zwischen Menschen (insbesondere auf Computern und Konsolen und nach festgelegten Regeln), nicht zugetraut, eine sportliche Handlung zu sein. Und so heißt es in § 52 Abs. 2 der Abgabenordnung, der die Gemeinnützigkeit betrifft, unter Nr. 21 nach wie vor, dass „die Förderung des Sports“ gemeinnützig sei (mit dem Klammerzusatz „Schach gilt als Sport“). Das klingt ein wenig unfreiwillig komisch. Doch eigentlich ist es eher traurig. Der eSport boomt weltweit, und Deutschland droht, den Anschluss zu verlieren. Gleichzeitig steigen die Investitionen privater Träger, Plattformen und Sponsoren, was den Markt professioneller, aber auch rechtlich komplexer macht.

Zwischen Saudi-Arabien und Schleswig-Holstein

Die Entscheidung, die ersten Olympic Esports Games in Saudi-Arabien auszurichten, hat weltweit für Aufsehen und Kritik gesorgt. Zwischen diplomatischer Zurückhaltung und sportlicher Neugier rücken grundlegende Fragen in den Fokus: Was ist eigentlich eSport? Wie sollte er reguliert werden? Und welche ethischen Standards und Compliance-Vorgaben gelten auf internationaler Ebene?
 
Auch in Deutschland hat die Debatte um eSport neue Fahrt aufgenommen. Während sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) weiterhin zurückhaltend zeigt, fördern einige Bundesländer aktiv eSport-Initiativen. Schleswig-Holstein beispielsweise hat mit seiner „eSport-Strategie 2030“ einen konkreten Plan vorgelegt. Diese unterschiedlichen Ansätze führen zu einer zunehmenden Fragmentierung der rechtlichen Landschaft. Zwar gibt es Empfehlungen, Leitlinien und Modellverträge, doch fehlen weitgehend verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen. Und die oben gegebene Definition des wettkampfmäßigen Spielens von Video- bzw. Computerspielen, insbesondere auf Computern und Konsolen und nach festgelegten Regeln, wurde vor nicht allzu langer Zeit vom eSport-Bund Deutschland e. V. entwickelt und hat sich schnell durchgesetzt.

Rechtlicher Flickenteppich statt Rechtsklarheit

Obwohl sie für begriffliche Klarheit gesorgt hat, stellt sich die konkrete rechtliche Lage für Spieler, Vereine und Veranstalter ansonsten immer noch als unübersichtlich dar. So ist beispielsweise noch nicht abschließend geklärt, wie der Status eines eSportlers arbeitsrechtlich zu bewerten ist. Auch die datenschutzrechtlichen Anforderungen für Plattformbetreiber sind unklar. Darüber hinaus werfen die neuen EU-Regelungen (zum Beispiel der Digital Services Act, Digital Markets Act und der AI Act) Fragen zur Gaming-Industrie auf.
 
Gleichzeitig drängen neue Technologien wie Blockchain-basierte Spielinhalte, NFTs, KI-gesteuerte Spielanalyse und erste Anwendungen im Metaverse auf den Markt. Diese Entwicklungen werfen Fragen auf, die das geltende Recht oft nicht oder nur unzureichend beantworten kann. Es fehlt an gefestigter Dogmatik und praxistauglichen Lösungsansätzen. Das Kompetenzzentrum eSport Hannover (Ke§H) hat sich auf seiner letzten Jahrestagung am 17. April 2025 einiger der letztgenannten Fragen angenommen. Was aber immer noch fehlt, ist ein eindeutiges Bekenntnis der Politik. Ein Respawn der Gemeinnützigkeitsfrage würde der deutschen eSport-Szene den notwendigen Impuls verleihen, um es überhaupt noch in einen oberen Level zu schaffen. Noch ist es nicht zu spät.

 

 

Prof. Dr. iur. Margrit Seckelmann, M. A. ist Inhaberin der Universitätsprofessur für Öffentliches Recht und das Recht der digitalen Gesellschaft an der Leibniz Universität Hannover. Gemeinsam mit RA Dr. Andreas Woerlein, LL.M. hat sie das Kompetenzzentrum eSport Hannover (Ke§H) gegründet und gibt mit ihm zusammen die Schriftenreihe des Ke§H heraus, die im Nomos Verlag erscheint.
 
Dipl.-Jur. Florian Mäder ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an dieser Professur und promoviert bei Prof. Dr. Seckelmann zu einer eSport-bezogenen Fragestellung. Er gehört zum Team des Ke§H.