Bewertungen und Bewertungssysteme im Internet

17.06.2025

Bewertungen und Bewertungssysteme im Internet

Bewertungen und Bewertungssysteme im Internet - Portrait Patrik Schmidt

von Dr. Patrik Schmidt

Geschäftsmodell und Probleme verifizierter Bewertungen

Die Relevanz von Bewertungen hat in den letzten Jahren verstärkt zur Etablierung diesbezüglicher Geschäftsmodelle geführt. Ein gängiges Modell funktioniert etwa so: Im Internet werden Bewertungen von Produkttestvermittlern angeboten. Diese haben einen Pool an Produkttestern, die nach Auftrag eines Interessenten, z. B. einem Händler, Handwerker, oder einem Arzt, deren Produkte kaufen oder deren Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Insbesondere Produkte werden dabei oftmals vergünstigt oder gar kostenlos zu Test- und Bewertungszwecken bereitgestellt. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass die vermittelten Produkttester in Vorkasse gehen und z. B. Produkte auf eigenen Namen und Rechnung kaufen müssen. Beides gefährdet grds. die Objektivität und Neutralität einer Bewertung. Insbesondere, wenn die Rückzahlung der Vorkasse oder einer Aufwandsentschädigung an die Produkttester davon abhängt, dass der Auftraggeber zufrieden mit der abgegebenen Bewertung ist.

Verifizierte Bewertungen: Kein Mehr an Sicherheit

Solche verifizierten Bewertungen stellen ein erhebliches Problem dar. Sie können, häufig nicht zuletzt durch entsprechende grafische Aufmachung und gerade durch ihren Status, „verifiziert“ zu sein, leicht den Eindruck erwecken, besonders seriös zu sein. Zudem sind sie über den Weg der Vermittlung nur schwierig bis kaum zu erkennen. Was nicht unmittelbar erkennbar wird ist, dass es sich hierbei dennoch um beeinflusste oder gar manipulierte Bewertungen handeln kann. Dass eine Bewertung verifiziert ist, bedeutet nämlich ausschließlich, dass die Bewertung in Folge einer tatsächlichen Transaktion erfolgt ist (eben nach einem Kaufabschluss oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung im Internet – gerade auch durch einen ggf. vermittelten und in seiner Bewertung nicht mehr neutralen Produkttester).

Relevanter Rechtsrahmen für Bewertungen

Hinsichtlich des Inhalts von und dem Umgang mit Bewertungen sind sowohl nationale als auch europäische grundrechtliche und einfachgesetzliche Vorgaben relevant. Insbesondere die nationalen Grundrechte geben durch die mittelbare Drittwirkung einen wesentlichen Rahmen für Bewertungen vor, etwa die Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 GG. Hierbei sind unwahre Tatsachenbehauptungen nicht vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 GG erfasst. Besonders relevant ist dies für „gekaufte“, beeinflusste und manipulierte Bewertungen, die zwar formal Meinungen und sogar wahre Tatsachenbehauptungen enthalten können, bei Nichtkennzeichnung in ihrer Gesamtheit aber dennoch eine implizite Täuschung über ihre Echtheit darstellen und somit zu einer unwahren Tatsachenbehauptung werden können.

Der relevante einfachgesetzliche Rechtsrahmen bzgl. Bewertungen setzt sich u. a. aus Normen des Strafgesetzbuchs (§§ 185 ff. StGB) und des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 12, 823 f. BGB) zusammen. Diese Regelungen bieten einen umfassenden Individualrechtsschutz gegen persönlichkeitsrechtsverletzende Bewertungen. Ergänzt wird dieser Schutz durch Regelungen aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Das UWG enthält weitreichende, durch die Rechtsprechung geprägte, Vorschriften, etwa §§ 7, 5, 4a, 4 und 3a UWG. Diese wurden zwar ursprünglich nicht explizit für den Umgang mit Bewertungen im Internet konzipiert, sind aber dennoch auf diese übertragbar und so auf sie anwendbar.

Diese Regelungen werden durch neuere unionsrechtliche Vorgaben, etwa aus der UGP- Richtlinie, und sogar mit konkretem Bezug auf gekaufte und gefälschte Bewertungen ergänzt, etwa in §§ 5a Abs. 4, 5b Abs. 3 und Nr. 23b und 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG. Diese Vorgaben stellen einen wichtigen Rechtsrahmen hinsichtlich beeinflusster und manipulierter Bewertungen dar, lassen aber dennoch Fragen offen, die es von der Rechtsprechung zu klären gilt. Insbesondere bleibt die Problematik verifizierter Bewertungen, die trotz ihres seriösen Anscheins beeinflusst oder manipuliert sein können.

Dr. Patrik Schmidt, LL.M. ist als Konzern-Datenschutzmanager bei der Dürr AG tätig. Seine Dissertation zum Thema „Bewertungen und Bewertungssysteme im Internet“ ist im Nomos Verlag in der Schriftenreihe „Der Elektronische Rechtsverkehr“ erschienen.