Professorin Tegethoff und Professorin Limmer erzählen über den neuen Band
Die beiden Autorinnen, Professorin Dr. Dorothea Tegethoff und Professorin Dr. Claudia Limmer, geben Einblicke in ihren Band „Hebammenwissenschaft”, das erste Lehrbuch für Bachelorstudiengänge. Es führt in die theoretischen und ethischen Grundlagen sowie die quantitativen und qualitativen Forschungsansätze der Hebammenwissenschaft ein. Erfahren Sie im folgenden Gespräch mit den Autorinnen mehr über das Buch:
Mit Ihrem Lehrbuch „Hebammenwissenschaft“ leisten Sie Pionierarbeit für Studierende. Was hat Sie motiviert, dieses Grundlagenwerk zu verfassen?
Prof. Tegethoff: „Als Herr Hutzel vom NOMOS-Verlag mit der Idee für dieses Buch auf mich zukam, war ich gleich begeistert, denn es gab zu dem Zeitpunkt in Deutschland kein Grundlagenbuch für die Hebammenwissenschaft, auf das sich Studierende und auch Lehrende stützen konnten. Die Zusammenarbeit mit meiner Ko-Autorin Claudia Limmer war für mich sehr inspirierend.“
Prof. Limmer: „Ich hatte in meinem Masterstudium ein Methodenbuch aus der Pflegewissenschaft, englischsprachig, und der Versuch, etwas ähnlich Hilfreiches in deutscher Sprache und für unser Fachgebiet zu verfassen, schien mir eine sehr sinnvolle Aufgabe. Ich fand es motivierend, die Inhalte meiner Lehre im Hebammenstudiengang auf diese Weise aufzuarbeiten und zu vertiefen und damit einer breiteren Studierendenschaft verfügbar zu machen.“
Neben theoretischen und methodischen Grundlagen thematisieren Sie auch ethische Fragestellungen. Könnten Sie ein Beispiel nennen, das die Relevanz ethischer Überlegungen in diesem Feld verdeutlicht?
Prof. Tegethoff: „Ethik ist in der Hebammenwissenschaft ein zentrales Thema, weil Hebammen mit vulnerablen Gruppen arbeiten. Die Familiengründungsphase ist eine Zeit zahlreicher Umbrüche für die Familien. Daher muss das Handeln und auch die Forschung in diesem Feld an klaren ethischen Grundlagen orientiert sein, damit den Betroffenen kein Schaden zugefügt wird.“
Prof. Limmer: „Ein ethisches Dilemma entsteht in geburtshilflichen Akutsituationen, wenn die Selbstbestimmung der gebärenden Person, ein zentrales Element der Würde und eine wesentliche Voraussetzung für eine positive Geburtserfahrung, durch den Handlungsdruck eingeschränkt wird. Prozesse der gemeinsamen informierten Entscheidung können an dieser Stelle der Schlüssel sein, um eine traumatische oder als gewaltvoll erlebte Geburt zu verhindern.“
Und ergänzend: Welche ethischen Prinzipien sind für Sie in der Ausbildung von Hebammen besonders zentral?
Prof. Tegethoff: „Ich persönlich halte das Prinzip des Respekts vor der Autonomie für ganz besonders wichtig. Die Kunst liegt aus meiner Sicht darin, den Ausgleich zu schaffen, zwischen unterschiedlichen Anforderungen, also die Autonomie zu respektieren und zugleich Schaden zu vermeiden.“
Prof. Limmer: „Für mich ist der Aspekt der Diversität besonders relevant. Hebammen müssen in der Lage sein, sich auf verschiedenste Lebenswelten einzustellen und bedarfsgerechte Versorgung anbieten. Lücken in der Hebammenversorgung sind leider gerade da vorhanden, wo der größte Bedarf besteht. Ich möchte dafür sensibilisieren, sowie für die vielfältigen Formen der Diskriminierung marginalisierter Gruppen.“
Zum Schluss eine persönliche Frage: Gibt es ein Kapitel oder einen Aspekt Ihres Buches, den Sie unseren Leser:innen besonders ans Herz legen würden – und warum?
Prof. Tegethoff: „Ein Lieblingskapitel habe ich nicht, aber ich lege den Leser:innen die Diskussionsanregungen besonders ans Herz. Das kritische Denken ist aus meiner Sicht die Grundlage erfolgreicher wissenschaftlicher und praktischer Tätigkeit.“
Prof. Limmer: „Hier schließe ich mich an. Worauf ich besonders stolz bin, ist, dass es uns gelungen ist, die für uns Hebammen relevanten Forschungsmethoden in diesem Buch prägnant und verständlich zusammenzufassen und anhand zahlreicher Beispiele und Aufgaben zu verdeutlichen.“
Mit ihrem Band „Hebammenwissenschaft„ legen Prof. Dr. Dorothea Tegethoff und Prof. Dr. Claudia Limmer ein Buch vor, das nicht nur methodische und theoretische Grundlagen vermittelt, sondern auch zentrale ethische Fragen aufgreift – und damit zur Reflexion über die Rolle der Hebammen in einer pluralen Gesellschaft anregt.