mHealth: DiGAs und das DigiG im Fokus

18.04.2024

mHealth: DiGAs (Digitale Gesundheitsanwendungen) und das DigiG im Fokus

Von Dr. Inci Demir

Das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz/DigiG), welches am 26.3.2024 verkündet wurde (BGBl. 2024 I Nr. 101 v. 25.3.2024), zielt darauf ab, eine umfassende digitale Transformation im Gesundheitswesen zu fördern und den Behandlungsalltag durch digitale Lösungen sowohl für Patienten als auch für Ärzte zu vereinfachen.

Das Augenmerk liegt dabei besonders auf der verstärkten Einbindung Digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) in die Versorgungsprozesse. Mit dem Digitalen-Versorgungs-Gesetz (DVG) wurde bereits 2020 der Versorgungsanspruch der Versicherten mit DiGAs eingeführt. Hierbei handelt es sich im Regelfall um Apps, die bei der Behandlung von Krankheiten durch Ärzte verschrieben werden können. Die ersten Apps, die in das DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgenommen wurden – was Voraussetzung für die Erstattung ist –, unterstützen bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen. Seitdem folgten Anwendungen für Knieschmerzen oder Diabetes.

DiGAs im Behandlungsalltag

Die bisherigen Erfahrungen zeigten jedoch, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen die effektive Integration von DiGAs nicht ausreichend unterstützten. Im Behandlungsalltag haben sich seither folgende Probleme herauskristallisiert:

  • Nach der ärztlichen Verordnung der DiGA muss die Krankenkasse den Freischaltcode an den Versicherten weitergeben. Dies wurde durch die Krankenkassen zeitlich häufig verzögert. Zudem wurden Verordnungen von einigen Kassen ignoriert und den Versicherten alternative, in der Regel kostengünstigere, Apps angeboten.
  • Bisher sah die gesetzliche Regelung vor, dass sich Versicherte innerhalb einer 14-tägigen Probephase gegen die DiGA entscheiden können, wodurch der Erstattungsanspruch für den Hersteller vollständig entfiel.
  • Auch die Einbindung des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Folgeverordnungen gehörte zur Praxis der Krankenkassen und erschwerte den Einzug der digitalen Lösungen in die Regelversorgung.

Insbesondere gegen die Verzögerungstaktik der Krankenkassen wurde bereits durch Hersteller einer DiGA geklagt, um ein Grundsatzurteil herbeizuführen. In einem ersten Urteil Ende 2023 wurde eine Krankenkasse zu einer strafbewehrten Unterlassung verurteilt, weil diese andere Apps als die verordnete App vorgeschlagen hatte. In einem weiteren Fall konnte außergerichtlich ebenfalls eine strafbewehrte Unterlassung erreicht werden.

DigiG: Digitale Gesundheitsrevolution?

Auf regulatorischer Ebene werden diese Ansätze nun auch durch das DigiG aufgegriffen, was den DiGA-Herstellern klare Erleichterungen verspricht. Das oberste Ziel ist es, DiGAs tiefer in die Versorgungsprozesse zu integrieren. Durch die Ausweitung der DiGA-Tauglichkeit auf digitale Medizinprodukte der Risikoklasse IIb können diese nun auch für komplexere Behandlungsprozesse genutzt werden.

Zusätzlich werden neben der ersatzlosen Streichung der 14-tägigen Probephase für DiGAs die Krankenkassen nun dazu verpflichtet, den Versicherten die verordnete DiGA innerhalb von zwei Tagen zur Verfügung zu stellen. Dies bringt Sicherheit für die Hersteller, da der Erstattungsanspruch nicht mehr entfallen kann und untermauert die Therapiehoheit der Ärzte. Damit ist gewährleistet, dass die gewählte Behandlung seitens der Kassen nicht mehr umgangen werden kann.

Die Zukunft im Blick

Das DigiG baut auf den Grundlagen des DVG auf, um die Integration der DiGAs in den Versorgungsalltag weiter zu fördern. Der Zugang zu DiGAs wird aber nicht nur durch Krankenkassen verhindert. Versicherte können sich zwar auch an ihre Krankenkasse wenden, welche sie entsprechend der Beschwerden bei der Suche nach einer geeigneten DiGA unterstützt oder die DiGA wird ärztlich verordnet. In der Regel wird letzteres der Fall sein. Viele Ärzte haben aber noch nie eine DiGA verschrieben, sodass das Nadelöhr zum Zugang zu DiGAs die Ärzteschaft bleibt. Die Vorbehalte und mangelnde Kenntnisse über DiGAs stellt daher neben der rechtlichen Ausgestaltung eine noch zu überwindende Hürde dar.


Dr. Inci Demir ist Rechtsanwältin bei VOELKER & Partner in Reutlingen und im Bereich Medizinrecht mit Schwerpunkt Digitalisierung im Gesundheitswesen tätig. Die Dissertation von Frau Dr. Inci Demir zum Thema „mHealth: mobile Gesundheitsanwendungen“ ist kürzlich beim Nomos Verlag in der Reihe Robotik, künstliche Intelligenz und Recht erschienen.