Der DFL-Investoreneinstieg

28.02.2024

Der DFL-Investoreneinstieg – Scheitern trotz wirksamer Beschlussfassung

Von Dr. Patrick Stadtbäumer und Julian Baldus

24. Mai 2023: 20 Ja-Stimmen, 11 Nein-Stimmen, 5 Enthaltungen – 11. Dezember 2023: 24 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen – 21. Februar 2024: Einstimmige Präsidiumsentscheidung Nein. Das Drama um den DFL-Investoreneinstieg nimmt (vorerst) im dritten Akt ein zweifelhaftes Ende. Die Fußballclubs der Bundesliga und 2. Bundesliga haben im Dezember mit knapper Mehrheit in geheimer Abstimmung dafür votiert, dass die DFL in Verhandlungen mit Investoren für eine Beteiligung an der Vermarktung der Profiligen treten darf. Bis heute wird über die Stimmabgabe von Martin Kind als Vertreter von Hannover 96 spekuliert und vermutet, dass er entgegen einer Weisung für den Investoreneinstieg stimmte. Auch wenn geheime Abstimmungen im Ermessen des Versammlungsleiters stehen, wurde so eine Überprüfung der Stimmabgabe Kinds unmöglich gemacht. Eine Ermessensreduzierung auf Null, die eine offene Abstimmung erfordert hätte, war hier ausgeschlossen, da das Instrument der Weisung andernfalls die Art der Durchführung einer Mitgliederversammlung vorgeben würde. Die Präsidiumsentscheidung zum Abbruch der Verhandlungen berührt jedoch nicht die Wirksamkeit des Investorenbeschlusses.

Kein Beschlussmangel durch etwaige weisungswidrige Abstimmung

Rechtsgeschäfte, bei denen ein Vertreter seine Befugnisse im Innenverhältnis zur Körperschaft überschreitet, sind im Außenverhältnis grundsätzlich uneingeschränkt wirksam. Eine Überschreitung der internen Weisung des Muttervereins durch Kind steht dessen wirksamer Stimmabgabe für den Club in der DFL-Mitgliederversammlung insoweit nicht entgegen. Der DFL kann auch nicht die Beschränkung im Innenverhältnis wegen positiver Kenntnis der Weisung entgegengehalten werden und ein „Durchschlagen“ des Innenrechtsverstoßes auf das Außenverhältnis herbeiführen: Der Beschluss wurde in geheimer Abstimmung gefasst, sodass die Stimmabgabe von Kind nicht bekannt und eine Ja-Stimme nicht bewiesen ist. Über einen Verstoß im Innen- wie im Außenverhältnis kann daher nur spekuliert werden.

Rechtsschutzmöglichkeiten der DFL-Mitglieder

Durch die Entscheidung des Präsidiums besteht für eine Anfechtung des Investorenbeschlusses kein praktisches Bedürfnis mehr. Ohnehin wäre der Investoreneinstieg auf dem Rechtsweg nicht mehr zu verhindern gewesen. Nach der DFL-Satzung können die Clubs gegen Beschlüsse durch Anrufung des Ständigen Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen vorgehen. Auch wenn eine akademische Betrachtung Ansätze für einen gerichtlichen Prozesserfolg bieten könnte, stehen einer Beanstandung des Beschlusses praktische Bedenken entgegen. Zunächst bestehen Beweisschwierigkeiten aufgrund der geheim durchgeführten Abstimmung. Kind selbst gibt zu seinem Stimmverhalten keine Auskunft. Eine anderweitige gesicherte Erkenntnis ist nicht abschließend möglich. Daneben unterliegen die Clubs einer Anrufungsfrist des Schiedsgerichts von zwei Wochen. Bislang ist ein rechtliches Vorgehen gegen den Beschluss öffentlich nicht bekannt, sodass eine etwaige Streitigkeit nun wegen Verfristung abzuweisen wäre. Der Geltendmachung eines Beschlussmangels dürfte auch der Verwirkungseinwand entgegenzuhalten sein. Trotz Kenntnis, dass bis Ende März die Verhandlungen über den Investoreneinstieg abgeschlossen werden sollten, wurden keine rechtlichen Schritte eingeleitet. Insoweit hätten sich die DFL und die Clubs auf den Bestand des Beschlusses verlassen dürfen.

Ende des Investorenprozesses – eine „Zerreißprobe“ für die DFL

Die Ereignisse haben sich in den letzten Wochen überschlagen. Zwölfminütiges Schweigen, Schokotaler, Flummis, Tennisbälle und sogar ferngesteuerte Spielzeugautos und Flugzeuge: Die „Kreativität“ der organisierten Fanszene schien grenzenlos und der Drei-Stufen-Plan der Schiedsrichter nunmehr auch dem letzten Stadiongänger bekannt. Hinzu kamen täglich neue Stellungnahmen von Club-Offiziellen, welche die Rechtmäßigkeit des Investorenbeschlusses bezweifelten, sowie eine neue Abstimmung forderten und hierdurch eine enorme mediale Aufmerksamkeit auslösten. Vermutlich aufgrund dieser anhaltenden Geschehnisse stieg zunächst der Investor Blackstone aus dem Bieterwettstreit aus. Jüngst beschloss dann das Präsidium des DFL e.V. in einer außerordentlichen Sitzung einstimmig, den Prozess zum Abschluss einer Vermarktungspartnerschaft nicht weiterzuführen. Insbesondere die zunehmende Gefährdung des Spielbetriebs, der konkreten Spielverläufe und damit der Integrität des Wettbewerbs seien für diese Entscheidung maßgeblich. Auch die fehlende (breite) Akzeptanz des Votums aufgrund der Vorgänge um Hannover 96 werden seitens der DFL als Begründung für den Ausstieg aus dem Investorenprozess genannt, wobei die DFL weiterhin in Übereinstimmung mit den Verfassern die Wirksamkeit des Investorenbeschlusses und den Bestand der 50+1-Regel hervorhebt. Jedenfalls bleibt festzuhalten, dass die DFL auf der Grundlage des Investorenbeschlusses wirksam eine strategische Vermarktungspartnerschaft hätte abschließen können und sich durch den Ausstieg nunmehr spannende rechtliche und gesellschaftliche Folgefragen stellen.

 

Neben der ausführlichen Würdigung der rechtlichen Wirksamkeit des DFL-Investorenbeschlusses – auch im Lichte der 50+1-Regel ­­– geben die Verfasser in der „SpoPrax 2/2024einen Überblick über die Rechtsformen der Clubs sowie deren Vor- und Nachteile.

 

 

Julian Baldus ist Rechtsanwalt und Associate bei Osborne Clarke in Köln und im Bereich Corporate/M&A tätig.

Dr. Patrick Stadtbäumer ist Rechtsanwalt und Associate bei Osborne Clarke in Köln und im Bereich Corporate/M&A tätig.

Beide beraten umfassend zu allen Fragen des Gesellschaftsrechts und sind Teil der Arbeitsgruppe Sports bei Osborne Clarke, welche das rechtsgebietsübergreifende Know-how und Engagement der Kanzlei für Mandanten aus dem professionellen Sportsektor bündelt.