Das neue Hinweisgeberschutzgesetz – Handlungsbedarf für Arbeitgeber im Sport

29.08.2023

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz – Handlungsbedarf für Arbeitgeber im Sport

Unser Gastautor Prof. Dr. Rainer Tarek Cherkeh

Beitrag von Prof. Dr. Rainer Tarek Cherkeh

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist zum 2.7.2023 in Kraft getreten (BGBl. 2023 I Nr. 140). Der deutsche Gesetzgeber hat damit die EU-Whistleblower-Richtlinie umgesetzt, mit der Hinweisgeber geschützt und – unabhängig von Rechtsform und Branche des Arbeitgebers – Ordnungs- und Handlungsrahmen zur Abgabe und Entgegennahme von Hinweisen vorgegeben werden.

Auch Arbeitgeber im Amateur- und Profisport mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten sind somit verpflichtet, ein Hinweisgebersystem zu implementieren. Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass bei ihnen mindestens eine Stelle für interne Meldungen eingerichtet ist und betrieben wird, an die sich Beschäftigte wenden können; dabei „sollten“ die internen Meldestellen auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten (interne Meldestelle, §§ 12 Abs. 1, 16 Abs. 1 HinSchG).

Neben der Intention des Gesetzes, hinweisgebende Beschäftigte vor Repressalien am Arbeitsplatz zu schützen, bringt die im Gesetz vorgesehene interne Meldestelle für den Arbeitgeber den Vorteil, dass er auf diese Weise (vermeintliche) Verstöße schnell und ohne Reputationsschaden intern klären kann. Denn ein Hinweisgebersystem, das Vertraulichkeit und ggf. Anonymität garantiert, erschließt dem Arbeitgeber Informationsquellen, die ihm ansonsten nicht zur Verfügung stehen würden. Nicht zuletzt präsentiert sich ein Arbeitgeber damit als modern und compliant organisiertes Unternehmen.

Weiter persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich des HinSchG

In persönlicher Hinsicht gilt das HinSchG für natürliche Personen, „die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen“ (§ 1 Abs. 1 HinSchG). Damit sind auch ausgeschiedene Mitarbeiter und Bewerber gemeint. Zudem ist der sachliche Anwendungsbereich des HinSchG weit. Dieser umfasst sowohl straf- als auch bußgeldbewehrte Verstöße, letztgenannte, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HinSchG). Hinzu kommen Meldungen über Verstöße gegen spezielle Regelungsgebiete des EU-, Bundes- und Landesrechts, wie z.B. Umweltschutz, Produktsicherheit, Datenschutz oder Kartellrecht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 – Nr. 10 HinSchG).

Gesetzliche Vorgaben für die Bearbeitung von Meldungen und Folgemaßnahmen

§ 8 Abs. 1 S.1 HinSchG verpflichtet die Meldestellen zur strikten Vertraulichkeit bzgl. der Identität der hinweisgebenden Person, der Personen, die Gegenstand der Meldung sind sowie der sonstigen in der Meldung genannten Personen. § 17 HinSchG regelt, welche Verfahrensvorschriften seitens der internen Meldestelle zu beachten sind (u.a. Bestätigung des Eingangs einer Meldung spätestens nach sieben Tagen; Prüfung, ob der gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich des HinschG fällt; Kontakthalten mit hinweisgebender Person; Prüfung der Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung). Nach § 17 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 18 HinSchG ergreift die interne Meldestelle zudem Folgemaßnahmen wie z.B. die Durchführung interner Untersuchungen oder die Abgabe des Verfahrens an eine zuständige Behörde zwecks weiterer Untersuchungen.

Wahrnehmung der Aufgaben der „internen Meldestelle“ durch anwaltliche Ombudsperson

Die Aufgaben der internen Meldestelle können durch eine bei dem jeweiligen Arbeitgeber beschäftigte Person oder auch durch unabhängige sowie fachkundige (externe) Dritte (§ 14 Abs. 1 HinSchG) übernommen werden, sofern diese die gebotene Vertraulichkeit gewährleisten. Aufgrund der rechtlichen Komplexität der zu bearbeitenden Meldungen und der weiteren gesetzlichen Vorgaben (§ 15 HinSchG: „Unabhängige Tätigkeit; notwendige Fachkunde“) ist es Beschäftigungsgebern anzuraten, erfahrene Experten mit den Aufgaben der internen Meldestelle zu betrauen, etwa eine beruflich zur Verschwiegenheit verpflichtete anwaltliche Ombudsperson, was regelmäßig zudem deutlich kostengünstiger ist als die Einrichtung einer separaten Meldestelle im Unternehmen.

Fazit

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 9.5.2017 – 1 StR 265/16), aber teils auch als Lizenzvorgaben der Ligabetreiber führen immer mehr Arbeitgeber im Sport Hinweisgebersysteme aus Compliance-Gründen ein. Damit soll von vornherein verhindert werden, dass der Leitungskraft diesbezüglich ein Organisationsverschulden vorgeworfen werden kann. Zudem werden etwaige Reputations- sowie Schadensersatzrisiken (auch für die Leitungskraft persönlich) minimiert. Das jetzt in Kraft getretene HinSchG ist ein weiterer und guter Grund, ein Meldesystem im Unternehmen zu etablieren. Für Arbeitgeber mit 250 und mehr Beschäftigten besteht die Pflicht zur Einrichtung der internen Meldestellen seit Juli 2023 und somit Handlungsbedarf. Arbeitgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten müssen dies bis zum 17.12.2023 umgesetzt haben, da andernfalls Bußgelder drohen.


 

Prof. Dr. Rainer Tarek Cherkeh ist Fachanwalt für Sportrecht und Partner der auf Sportrecht spezialisierten Kanzlei KERN CHERKEH Rechtsanwälte Partnerschaft mbB in Hannover sowie Honorarprofessor für Sportrecht an der Ostfalia HaW. Er berät und vertritt bundesweit Verbände und Unternehmen im Sport, insbesondere auch zu Compliance-Fragen. Er ist Mitherausgeber des im Verlag C.H.BECK erschienenen „Handbuch Sportstrafrecht“ und war im März 2023 als Sachverständiger beim Sportausschuss des Deutschen Bundestages zu dem Thema „Hinweisgebersystem zur Sicherung der Integrität im Sport“ geladen. Für zahlreiche Verbände und Beschäftigungsgeber im Sport ist er als Ombudsperson bestellt und nimmt die Aufgaben einer „internen Meldestelle“ nach dem HinSchG wahr.