Meilenstein für den E-Sport: Bundestag beschließt Gemeinnützigkeit

16.12.2025

Meilenstein für den E-Sport: Bundestag beschließt Gemeinnützigkeit

Header des Newsbeitrages zum Sportrecht. Zu sehen ist eine Rennbahn auf orangenem Grund. Im Vordergrund ist der Autor Prof. Dr. Nepomuk Nothelfer zu sehen.

von Assoc. Prof. Dr. Nepomuk Nothelfer

Am 4. Dezember 2025 um 10:11 Uhr ereignete sich, worauf die deutsche E-Sport-Community seit mehr als einem Jahrzehnt hinarbeitet: Der Bundestag stimmte für das Steueränderungsgesetz 2025 und macht damit den Weg für die Gemeinnützigkeit des E-Sports frei. Konkret soll E-Sport künftig als Sport im Sinne des § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 21 AO gelten. Sollte der Bundesrat das Zustimmungsgesetz am 19. Dezember ebenfalls billigen, tritt die Neuregelung zum 1. Januar 2026 in Kraft – ein Meilenstein, der die rechtliche und gesellschaftliche Stellung des E-Sports in Deutschland nachhaltig verändern dürfte.

Ein Blick in die Vergangenheit

Der rechtspolitische Dauerbrenner um das „Ob“ und das „Wie“ einer Adelung des E-Sports als Teil des Gemeinnützigkeitskatalogs in § 52 Abs. 2 S. 1 AO ist so alt wie die Frage, ob E-Sport denn Sport sei. Es bedurfte jedoch drei Legislaturperioden, bis es einer bundesdeutschen Regierung schließlich am 10. September dieses Jahres gelang, einen tauglichen Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Und dies war dringend notwendig. Denn der aktuelle Zustand der Rechtsunsicherheit, sowohl für Vereine im E-Sport als auch für Sportvereine, die E-Sport-Angebote abbilden (möchten), aber den Verlust ihres Gemeinnützigkeitsstatus fürchten, lähmt die Entwicklung des deutschen E-Sports. Zur Erinnerung: Gemeinnützige Vereine sind von verschiedenen Steuern befreit, etwa der Körperschafts- (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) und der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 6 GewStG). Außerdem sind ausgewählte Einnahmebeträge bis zu bestimmten Grenzen steuerfrei (§§ 64 Abs. 3, 67a, 65 AO); dasselbe gilt für die Vergütung Ehrenamtlicher (§ 3 Nr. 26, 26a EstG). Hinzu kommt die Möglichkeit, Spendenquittungen auszustellen (§ 10b Abs. 1 EstG iVm § 50 EStDV). Darüber hinaus band der Prozess derart viele Ressourcen und Aufmerksamkeit, dass andere, für den E-Sport ebenso dringend notwendige Gesetzesänderungen auf der Strecke blieben.

Das aktuelle Gesetzgebungsverfahren

Dem am 10. September von der Bundesregierung verabschiedeten Kabinettsentwurf ging eine kurze, aber äußerst intensive Vorbereitungsphase voraus. Umso bemerkenswerter war es, dass die Bundesregierung nur eine Woche später einen nahezu vollständig überarbeiteten Entwurf verabschiedete, in dem die zuvor kritisierten Schwachstellen weitgehend beseitigt waren. Noch vor der ersten Lesung im Bundestag dann jedoch der Dämpfer: Der Finanzausschuss des Bundesrats empfahl dem Bundesrat zum Entwurf Stellung zu nehmen. Von den zahlreichen methodisch wie inhaltlich verfehlten Änderungsvorschlägen (vgl. BR-Drs. 474/1/25; kritisch SpoPrax 2025, 360) fand erfreulicherweise lediglich das Ersuchen um eine differenziertere Ausgestaltung Eingang in diese Stellungnahme. Auf Anraten des Finanzministers (vgl. KabS-DB 21/08032) entschied sich der Bundestag aber schließlich dafür, den Entwurf inhaltlich unverändert zu belassen und – entsprechend der Systematik der AO – etwaige Kriterien und Maßstäbe für eine rechtssichere Anwendung dort zu regeln, wo sie hingehören: im Anwendungserlass zur Abgabenordnung.

Der Inhalt des noch zustimmungsbedürftigen Gesetzes

Zugrunde liegt dem Gesetz ein weites Verständnis von E-Sport. Erfasst werden sämtliche Computerspielwettkämpfe, die mit einer Förderung der Allgemeinheit vereinbar sein könnten. Ohne Bedeutung dabei: Genutzte Hardware und Peripherie, Funktionsweise der Software, Anzahl der Spieler, Ausarbeitungsgrad des Regelsystems und Maß körperlicher Betätigung. Außerdem ermöglicht die Fiktion wohl zumindest grundsätzlich, dass auch Sportvereine von der Regelung profitieren.
 
Zudem werden Vereine verpflichtet, die Vorgaben des Jugendschutzes zu beachten. Nicht erfasst werden Online-Glücksspiele, Games ohne Alterskennzeichnung sowie Titel mit gewaltverherrlichenden oder anderweitig menschenwürdeverletzenden Inhalten. Fraglich bleibt im Einzelfall, welche Games einen solchen Inhalt haben. Nach Meinung des Autors ist es aufgrund des ähnlichen Telos dabei möglich, das Begriffsverständnis der § 131 StGB und § 4 JMStV fruchtbar zu machen. Ein genereller Ausschluss eines heute relevanten E-Sport-Titels wird damit nur schwer vertretbar sein.

Ausblick

Die Chancen, dass der Bundesrat dem Steueränderungsgesetz zustimmt, stehen gut. Damit wäre ein essenzieller Schritt bzgl. einer tauglichen Regulierung von E-Sport getan. Doch obgleich dies für den deutschen E-Sport ein Grund zum Feiern ist, markiert dieser Schritt erst den Anfang einer langen Reise.

 

 

Dr. Nepomuk Nothelfer ist Rechtsanwalt bei Melchers und Associate Professor an der Universität Agder und verfügt über eine mehr als zehnjährige Erfahrung hinsichtlich der rechtlichen Aspekte der E-Sport-, Sport- und Gaming-Branchen. Er vertritt zahlreiche namhafte Unternehmen im E-Sport und berät regelmäßig Verbände, Behörden und politische Entscheidungsträger – auch im Hinblick auf das Gesetzgebungsverfahren zur Gemeinnützigkeit von E-Sport.