Hybride und virtuelle Versammlungen für Vereine und Stiftungen

02.05.2023

Hybride und virtuelle Versammlungen für Vereine und Stiftungen

Ein Gastbeitrag von Dr. Hendrik Pusch

Beitrag von Dr. Hendrik Pusch

Am 21. März 2023 ist das Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht in Kraft getreten – 10 Monate, nachdem ein Gesetzesantrag des Freistaats Bayern den Stein des Gesetzgebungsverfahrens ins Rollen brachte. Der ursprüngliche Plan, eine gesetzliche Regelung noch vor Ablauf der Corona-Sondervorschriften um § 5 COVMG zum 31. August 2022 für virtuelle, hybride Versammlungen und vereinfachte Umlaufverfahren aufzugleisen, konnte nicht umgesetzt werden. Somit entstand eine halbjährige Lücke, die nun seit einem Monat geschlossen ist. Zumindest mehr oder weniger.

Neuer § 32 Abs. 2 BGB ist entstanden

Die in einem neu eingefügten § 32 Abs. 2 BGB formulierte Regelung lautet:

„(2) Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“

Nutzbar ist diese Regelung für Mitgliederversammlungen von Vereinen und Vorstandssitzungen von Vereinen und Stiftungen.

Hybride Versammlung ohne Satzungsregelung möglich

Im ersten Satz des neuen Absatzes 2 ist die Möglichkeit einer hybriden Mitgliederversammlung eröffnet worden, ohne dass es einer Satzungsregelung bedarf. Eine Versammlung ist dann hybrid, wenn ein Teil der Mitglieder am Versammlungsort anwesend und ein anderer Teil elektronisch zugeschaltet wird.

Virtuelle Versammlung mit vorheriger Beschlussfassung oder aufgrund Satzungsregelung gestattet

Im zweiten Satz wird für eine virtuelle Versammlung, also eine ohne Anwesende am Versammlungsort, verlangt, dass in einer vorherigen Versammlung des Organs beschlossen wurde, dass virtuelle Versammlungen stattfinden können. Über Sinn oder Unsinn einer solchen Ausgestaltung durch Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit kann man trefflich streiten – was auch reichlich getan wird. Die atypische Ausgestaltung lässt Fachberater daher Vereinen und Stiftungen empfehlen, für virtuelle Versammlungen eine Satzungsregelung zu verankern, um Klarheit zu schaffen. Da die Regelung des § 32 Abs. 2 BGB Bestandteil des Katalogs des § 40 BGB als sog. „nachgiebige Vorschrift“ ist, steht einer solchen Umsetzung nichts entgegen.


Dr. Hendrik Pusch ist Justitiar des Deutschen Olympischen Sportbundes, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sportrecht. Er war einer der geladenen Sachverständigen des Rechtsauschuss des Deutschen Bundestages in diesem Gesetzgebungsverfahren. Im Jahr 2018 ist im Nomos Verlag seine Dissertation mit dem Titel „Gesetzliche Haftungsbeschränkungen für ehrenamtlich tätige und bürgerschaftlich engagierte Personen“ erschienen.