Lizenzfußball und ArbZG – Passt das zusammen?

28.02.2023

Lizenzfußball und ArbZG – Passt das zusammen?

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Beitrag von Dr. Jan Wilhelm

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar erhitzte hierzulande die Gemüter, wenngleich die Leistungen der deutschen Nationalmannschaft ungewollt den Diskussionen schnell Wind aus den Segeln nahmen. Nichtsdestotrotz entfaltet die winterliche Ausrichtung des Turniers anhaltende Folgewirkungen auf den Arbeitsrhythmus der Lizenzfußballer, die bereits vor dem Turnier einen im wahrsten Sinne des Wortes sportlichen Terminkalender zu beachten hatten: So mussten die Nationalspieler des FC Bayern München zwischen dem 23.9. und dem 12.11.2022 insgesamt 15 Pflichtspiele absolvieren, was ungefähr einem Spieleinsatz an jedem dritten Tag entspricht.

Werden arbeitszeitrechtliche Vorgaben im Lizenzfußball eingehalten?

Eine vorgenommene Bestandsaufnahme liest sich erschütternd. Nahezu in allen Bereichen des Arbeitszeitschutzes werden geltende Regelungen missachtet, auch wenn für den Leistungssport bereits weitreichende Ausnahmeregelungen geschaffen worden sind. Dennoch sind insbesondere in der Konstellation des Trainingslagers massive Überschreitungen der gesetzlich zulässigen Arbeitszeiten zu bilanzieren.

Auch bloße Anwesenheitszeiten können Arbeitszeit sein

Die Ursachen liegen neben einem fordernden Spielbetrieb auch in der Natur der Tätigkeit selbst: Insbesondere an auswärtigen Spielorten ergeben sich im Rahmen von An- und Abfahrt sowie Aufenthalt in den jeweiligen Unterkünften Anwesenheitszeiten, die arbeitszeitrechtlich zu beachten sind. Deutlich wird dies bei der Konstellation der Reise zum auswärtigen Spielort. Hier befinden sich die Spieler in einem bereitschaftsdienstähnlichen Zustand, der sich jederzeit zu einer Arbeitsmaßnahme verdichten kann, etwa wenn es noch während der Fahrt zu einer Taktikbesprechung kommt. Der EuGH hat jüngst die Abgrenzung zwischen dem arbeitszeitrechtlich relevanten Bereitschaftsdienst und der schutzrechtlich unbeachtlichen Rufbereitschaft aufgeweicht. Nunmehr soll als entscheidendes Kriterium herangezogen werden, ob der Arbeitnehmer im Zustand der Ruhezeit seinen persönlichen Interessen hinreichend nachkommen kann oder ob die jederzeitige Abrufbarkeit ihn so stark einschränkt, dass bereits die Bereitschaft selbst als arbeitsmäßiger Aufwand anzusehen ist. Befindet sich ein Lizenzspieler im Mannschaftsbus oder hält er sich während eines Trainingslagers im Teamhotel auf, ist er zeitlich und räumlich an etwaige Weisungsvorgaben des Trainerstabs gebunden, solange nicht ausdrücklich klargestellt wird, wann er konkret beansprucht wird. In der Praxis wird dies oft nicht deutlich.

Fazit

Vorgaben des ArbZG werden im Lizenzfußball nicht eingehalten. Diese Verstöße sind nach außen transparent. Schließlich werden die Spiele live übertragen, sodass etwa ein verbotener abendlicher Einsatz von minderjährigen Spielern offen zur Schau gestellt wird. Der Gesetzgeber hat zwar im Rahmen der schon vor Jahren diskutierten Nachtbeschäftigung von jugendlichen Fußballern eine Anpassung getroffen: Nunmehr dürfen nach § 14 Abs. 7 S. 4 JArbSchG auch Jugendsportler bis 23 Uhr beschäftigt werden. Dies ist allerdings nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, ergeben sich doch viele weitere rechtliche Überschreitungen durch die Clubs – mal ganz abgesehen von dem Umstand, dass ein Pokalspiel zuweilen auch noch nach 23 Uhr nicht beendet ist. Demnach sind die Aufsichtsbehörden angehalten, die evidenten Verstöße zu unterbinden. Ob das zukünftig der Fall sein wird, mag bezweifelt werden.


Dr. Jan Wilhelm ist Rechtsreferendar und wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht in Köln bei Prof. Dr. Christian Rolfs. Seine Dissertation mit dem Titel „Arbeitszeitrechtliche Vorgaben und Vereinbarungen für Lizenzfußballer“ ist im Januar im Nomos-Verlag erschienen.